Discussion:
Arztbesuche waehrend der Arbeitszeit
(zu alt für eine Antwort)
Robert Waldner
2018-12-15 20:12:23 UTC
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Aloha,

mir ist grad untergekommen, dass in den internen Vorschriften eines
Betriebs die Wegzeit von/zu Arztbesuchen waehrend der Arbeitszeit mit
30min je Richtung gedeckelt wurde - weiter weg -> Freizeitvergnuegen.

Ich finde jetzt aber auf der rechtlichen Seite (AngG, AZG) nichts dazu,
dass diese Deckelung gedeckt waere. Betriebsrat gibt's keinen.

Der (relevante) IT-KV sagt auch nur "die notwendige Zeit". Und wenn
ich an Betriebe ausserhalb der Grossstadt denke, dann kann der Weg
zum naechsten Spezialisten/MR/CT/etc. durchaus locker jenseits der
30min gehen.

Hat da jemand Hinweise fuer mich?

cheers+TIA,
&rw
--
-- "If Darl McBride [CEO of SCO] was in charge, he'd probably make
-- marriage unconstitutional too, since clearly it de-emphasizes the
-- commercial nature of normal human interaction, and probably is a
-- major impediment to the commercial growth of prostitution" Torvalds
Hans Huber
2018-12-16 11:56:24 UTC
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Post by Robert Waldner
Hat da jemand Hinweise fuer mich?
leider keine sachdienlichen rechtlichen Pointer, aber folgende Gedanken
hierzu:

Arztbesuche sind nur dann Dienstverhinderungen, wenn sie außerhalb der
Arbeitszeit nicht möglich oder zumutbar sind. Beispielsweise bei akuten
Schmerzen oder wenn der Arzt nur während der Arbeitszeiten geöffnet hat.

Extrembeispiel: Es kann nicht sein, dass ein Arbeitnehmer mehrere
Stunden pro Richtung auf Kosten des Unternehmens regelmäßig zu seinem
Lieblings-Arzt fährt.

So etwas wäre vermutlich dann zu dulden, wenn es eine noch nicht
abgeschlossene Behandlung ist, die eben schon bei genau jenem Arzt
begonnen wurde. Aber nur der Tradition wegen an seinem Arzt in
Hintertupfing festzuhalten, obwohl man vor 10 Jahren in die 150km
entfernte Stadt übersiedelt ist, fällt dann wohl schon eher unter
Freizeitvergnügen und nicht unter vom Arbeitgeber zu bezahlende
Dienstverhinderung.

Die 30min erscheinen mir ehrlich gesagt gar nicht so unpassend. Und wenn
es mal 45min sein sollten so ist eine Abgrenzung was nun Wartezeit und
was Wegzeit war ohnehin nicht so genau möglich - also vermutlich auch im
Rahmen. Seinen Hausarzt, Zahnarzt etc... sollte man sich aus praktischen
Überlegungen ohnehin im näheren Umkreis suchen, denn wer will schon
gerne weit fahren wenn er mal krank ist und ärztliche Hilfe benötigt.
Und wenn Wohnort und Dienstort weit voneinander entfernt sind, dann ist
es durchaus üblich mehr als nur einen Arzt zu haben (eben einen am
Wohnort und einen in der Gegend des Dienstortes).

Wer z.B. im Burgendland wohnt, dort seinen Arzt hat und nach Wien
pendelt, der wird sich seinen Arzt-Termin wohl auf den frühen Vormittag
oder späteren Nachmittag legen. Wenn sich so jemand nun beschweren
würde, dass ihm nur max 30+30min Fahrtzeit zum Arzt als bezahlte
Dienstverhinderung abgegolten werden, dann würde ich als Vorgesetzter in
dieser Zeitrechnung auf die ersparte Wegzeit von bzw. nach Hause
hinweisen, welche sonst jedenfalls Freizeit gewesen wäre.

Das Thema "weiter entfernte Spezialisten" ist aus meiner Sicht eine
andere Thematik - da wird der Chef im Individualfall dann ja auch einen
anderen Maßstab anlegen (müssen), denn gerade hier ist das Thema, dass
man sich den Termin als Nicht-Zusatzversicherter eher nicht aussuchen
kann und daher unumstritten ein Dienstverhinderungsgrund vorliegt am
ehesten gegeben. Ob das bei geplanten Haus- oder Zahnarzt-Besuchen
tatsächlich immer so ist wage ich nämlich zu bezweifeln, die Zeiten in
denen gewöhnliche Ärzte nur von 9-11 und 13-15 Uhr ordinierten sind
längst vorbei.
Robert Waldner
2018-12-17 07:42:42 UTC
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Post by Hans Huber
Post by Robert Waldner
Hat da jemand Hinweise fuer mich?
leider keine sachdienlichen rechtlichen Pointer, aber folgende Gedanken
Arztbesuche sind nur dann Dienstverhinderungen, wenn sie außerhalb der
Arbeitszeit nicht möglich oder zumutbar sind. Beispielsweise bei akuten
Schmerzen oder wenn der Arzt nur während der Arbeitszeiten geöffnet hat.
Extrembeispiel: Es kann nicht sein, dass ein Arbeitnehmer mehrere
Stunden pro Richtung auf Kosten des Unternehmens regelmäßig zu seinem
Lieblings-Arzt fährt.
So etwas wäre vermutlich dann zu dulden, wenn es eine noch nicht
abgeschlossene Behandlung ist, die eben schon bei genau jenem Arzt
begonnen wurde. Aber nur der Tradition wegen an seinem Arzt in
Hintertupfing festzuhalten, obwohl man vor 10 Jahren in die 150km
entfernte Stadt übersiedelt ist, fällt dann wohl schon eher unter
Freizeitvergnügen und nicht unter vom Arbeitgeber zu bezahlende
Dienstverhinderung.
Da brauch ich keine solchen Extrem-Beispiele. Ich zB hab den Hausarzt
aus naheliegenden (;-) ) Gruenden in Geh-Entfernung der Wohnung.
Zwischen Arzt und Arbeit sind's 40-60min, je nach Glueck mit dem Zug.
Der macht auch die regelmaessigen Kontrollen bez. einer Dauererkrankung
(1x/2 Monate), und verschreibt mir die entsprechenden Medikamente.
Ab 30min vor Ordinationsbeginn kann man anrufen, um sich fuer den
Tag einen Termin auszumachen - wie man sich vorstellen kann, glueht
dann dort das Telephon erst mal, und die Randtermine sind am
schnellsten weg.

Der ansonsten extrem praktisch liegende Praktische Arzt um's Eck beim
Buero mag sich damit nicht befassen, weil er meint, das waer kein
Akut-Problem und er den Hausarzt-Obulus von der KK nicht kriegt fuer
mich.

(Das ist fuer mich persoenlich kein Problem mit dem DG, weil ich dann
halt vorher bzw. nachher einfach Teleworking von daheim aus machen kann.
Wegzeit daheim->Arzt sind 3min, also irrelevant.)

Oder man hat Rueckenschmerzen, und nimmt halt den Orthopaeden, bei dem
man am schnellsten einen Termin kriegt. Das mag grad ausserhalb von
Wien schneller gehen als "drin".
Post by Hans Huber
Die 30min erscheinen mir ehrlich gesagt gar nicht so unpassend. Und wenn
es mal 45min sein sollten so ist eine Abgrenzung was nun Wartezeit und
was Wegzeit war ohnehin nicht so genau möglich - also vermutlich auch im
Rahmen.
Die Zeit die man in der Ordination verbringt, sollte recht genau auf der
Anwesenheitsbestaetigung vermerkt sein. Sonst geht ein "boeser" AN
auch noch zum Friseur oder ins Kaffeehaus ;)
Post by Hans Huber
Seinen Hausarzt, Zahnarzt etc... sollte man sich aus praktischen
Überlegungen ohnehin im näheren Umkreis suchen, denn wer will schon
gerne weit fahren wenn er mal krank ist und ärztliche Hilfe benötigt.
Und wenn Wohnort und Dienstort weit voneinander entfernt sind, dann ist
es durchaus üblich mehr als nur einen Arzt zu haben (eben einen am
Wohnort und einen in der Gegend des Dienstortes).
Das geht aber nur schlecht damit zusammen, dass man den Hausarzt nur
1x/Quartal wechseln kann ausser fuer Akuthilfe, weil nur einer den
"Hausarzt"-Obulus von der KK kriegt.
Post by Hans Huber
Wer z.B. im Burgendland wohnt, dort seinen Arzt hat und nach Wien
pendelt, der wird sich seinen Arzt-Termin wohl auf den frühen Vormittag
oder späteren Nachmittag legen. Wenn sich so jemand nun beschweren
würde, dass ihm nur max 30+30min Fahrtzeit zum Arzt als bezahlte
Dienstverhinderung abgegolten werden, dann würde ich als Vorgesetzter in
dieser Zeitrechnung auf die ersparte Wegzeit von bzw. nach Hause
hinweisen, welche sonst jedenfalls Freizeit gewesen wäre.
Das Thema "weiter entfernte Spezialisten" ist aus meiner Sicht eine
andere Thematik - da wird der Chef im Individualfall dann ja auch einen
anderen Maßstab anlegen (müssen), denn gerade hier ist das Thema, dass
man sich den Termin als Nicht-Zusatzversicherter eher nicht aussuchen
kann und daher unumstritten ein Dienstverhinderungsgrund vorliegt am
ehesten gegeben. Ob das bei geplanten Haus- oder Zahnarzt-Besuchen
tatsächlich immer so ist wage ich nämlich zu bezweifeln, die Zeiten in
denen gewöhnliche Ärzte nur von 9-11 und 13-15 Uhr ordinierten sind
längst vorbei.
8/9-17h sind aber immer noch durchaus ueblich. Und mit max. 30min/
Richtung ist grad fuer Pendler auch bei einem Randtermin oft nicht das
Auslangen zu finden.

cheers,
&rw
--
-- "All software sucks. Everybody is considered a jerk by somebody.
-- The sun rises, the sun sets, the Sun crashes, lusers are LARTed,
-- BOFHs get drunk. It is the way of things." -- Steve Conley, ASR
Hans Huber
2018-12-24 11:27:59 UTC
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Post by Robert Waldner
Der ansonsten extrem praktisch liegende Praktische Arzt um's Eck beim
Buero mag sich damit nicht befassen, weil er meint, das waer kein
Akut-Problem und er den Hausarzt-Obulus von der KK nicht kriegt fuer
mich.
Kannst Du mir hierzu mehr Infos geben.
Was soll ein "Hausarzt-Obulus" sein? Diese Verrechnungsposition habe ich
auf meinem Krankenassen-Leistungsnachweis noch nie gesehen, ist mir
völlig neu. Auch neu ist mir, dass man den Arzt innerhalb eines Quartals
nicht wechseln kann - das war mal zu Krankenschein-Zeiten so, aber heute?
Robert Waldner
2018-12-24 11:55:50 UTC
Permalink
Post by Hans Huber
Post by Robert Waldner
Der ansonsten extrem praktisch liegende Praktische Arzt um's Eck beim
Buero mag sich damit nicht befassen, weil er meint, das waer kein
Akut-Problem und er den Hausarzt-Obulus von der KK nicht kriegt fuer
mich.
Kannst Du mir hierzu mehr Infos geben.
Was soll ein "Hausarzt-Obulus" sein? Diese Verrechnungsposition habe ich
auf meinem Krankenassen-Leistungsnachweis noch nie gesehen, ist mir
völlig neu. Auch neu ist mir, dass man den Arzt innerhalb eines Quartals
nicht wechseln kann - das war mal zu Krankenschein-Zeiten so, aber heute?
Ist in der Krankenordnung festgelegt:
-----------
Quartalsregelung

Pro Quartal (Jänner-März, April-Juni, Juli-September, Oktober-Dezember)
können ohne Überweisung aufgesucht werden:
eine Vertragsärztin/ein Vertragsarzt für Allgemeinmedizin
-----------
https://www.wgkk.at/cdscontent/?contentid=10007.724400
(Selbiges find ich auf den 1. Blick auch bei NoeGKK und OoeGKK.)

Hintergrund ist wohl die quartalsweise Abrechnung der (Gebiets-[0]) KK
mit den Aerzten - die wollen nur eine Rechnung pro Versichertem, Quartal
und Arzt administrieren.

Der "Quartals-Obulus" dazu ist so versteckt, dass die erste Ordination
dem Arzt deutlich mehr einbringt als Folge-Ordinationen.

0: die BVA zB rechnet AFAIK monatlich ab

cheers,
&rw
--
-- in Italy "american coffee" means "slightly flavoured dishwater".
-- - Zebee
Johann Mayerwieser
2018-12-24 12:07:20 UTC
Permalink
Post by Robert Waldner
0: die BVA zB rechnet AFAIK monatlich ab
Richtig. Bislang war es auch kein Problem, im Monat einen anderen Arzt
für Allgemeinmedizin aufzusuchen. Donnerstag wegen eines Rezeptes bei
einem anderen Arzt (100 km Entfernung vom Hausarzt) aufgesucht und dort
gab es Probleme. Allerdings fällt mir gerade ein - ob die Ordinationshilfe
überrissen hat, dass ich BVA bin, weiß ich nicht.
Robert Waldner
2018-12-25 01:20:37 UTC
Permalink
Post by Johann Mayerwieser
Post by Robert Waldner
0: die BVA zB rechnet AFAIK monatlich ab
Richtig. Bislang war es auch kein Problem, im Monat einen anderen Arzt
für Allgemeinmedizin aufzusuchen. Donnerstag wegen eines Rezeptes bei
einem anderen Arzt (100 km Entfernung vom Hausarzt) aufgesucht und dort
gab es Probleme. Allerdings fällt mir gerade ein - ob die Ordinationshilfe
überrissen hat, dass ich BVA bin, weiß ich nicht.
Leiser Aufschrei meiner Holden (die in dem Umfeld arbeitet): auch die
BVA rechnet nicht mit allen Aerzten monatlich ab, zumindest Zahnaerzte
werden quartalsweise bearbeitet.

cheers,
&rw
--
-- Actually, we have scientifically determined that Heisenberg did indeed
-- sleep exactly here. However, we have no idea whatsoever just how fast
-- asleep he was. -- Dave Aronson
Johann Mayerwieser
2018-12-25 08:42:11 UTC
Permalink
Post by Robert Waldner
Leiser Aufschrei meiner Holden (die in dem Umfeld arbeitet): auch die
BVA rechnet nicht mit allen Aerzten monatlich ab, zumindest Zahnaerzte
werden quartalsweise bearbeitet.
Mir fällt immer wieder auf, dass der Selbstbehalt von Arztbesuche oft
mehrere Monate später vorgeschrieben wird. Scheint also für alle Ärzte zu
gelten. Dafür scheinen mit 20 Euro für die ERstordination im Monat und
11,50 für jede weitere nicht so schlecht zu sein.

Hans Huber
2018-12-16 13:11:07 UTC
Permalink
Post by Robert Waldner
internen Vorschriften eines
Betriebs die Wegzeit von/zu Arztbesuchen waehrend der Arbeitszeit mit
30min je Richtung gedeckelt wurde - weiter weg
Um noch einen Aspekt hier einzubringen:

Die "interne Vorschrift" würde ich in diesem Fall so verstehen, dass man
dem Dienstnehmer 30min Wegzeit zugesteht. Die "Vorschrift" wird außerdem
einen gewünschten Lenkungseffekt haben. Sie hebelt m.E. aber nicht die
gesetzlichen Regelungen aus. Übrigens sind auch etwaige
kollektivvertragliche Schlechterstellungen seit 01.07.2018 nicht mehr
gültig.

Wenn mit den 30min also nicht das Auslangen zu finden ist, dann muss
wohl der individuelle Fall beurteilt werden. Nötigenfalls kann man
vorhandene Rechtssprechung oder rechtliche Empfehlungen in Bezug auf die
Auslegung (Publikationen einschlägiger sachkundiger Autoren, z.B. [1]
oder [2]) zu Rate ziehen und sich darauf berufen. Schlussendlich - wenn
Dienstgeber und Dienstnehmer sich nicht einigen - ist es ein Fall für
das Arbeits- und Sozialgericht. Dieses wird sich die Terminsituation,
Ordinationszeiten, die Beweggründe warum kein näherer Arzt in Frage
kommt etc... schildern lassen und eine Einzelfallbeurteilung durchführen.

[1]
https://www.huebner.at/infos-download/aktuelle-news/detail/article/arztbesuch-als-arbeitszeit.html

[2]
https://www.sn.at/panorama/oesterreich/sind-arztbesuche-arbeitszeit-28665331
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