Discussion:
Entzug von Pass und Personalausweis?!
(zu alt für eine Antwort)
Werner Tann
2023-12-07 12:14:20 UTC
Permalink
Mein letzter Versuch, diese de facto tote NG wiederzubeleben.

Laut
https://wien.orf.at/stories/3235703/
wurden 2016 dem wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung
mehrfach verurteilten Gottfried Küssel Pass und Personalausweis
entzogen, der Verwaltungsgerichtshof segnete diese Entscheidung ab.

Indirekt steht in dem Artikel, dass Küssel 2016 inhaftiert war, 2019
kam er frei. 2023 sucht er um einen Reisepass an ... und kriegt
keinen.

Ob jemand im Gefängnis Pass und Personalausweis braucht, lasse ich mal
dahingestellt. Bei Freigängen könnte ein Personalausweis aber nötig
werden. Und wie ist die Lage nach der Haftentlassung? Es steht nicht
im Artikel, dass er inzwischen einen Perso erhalten hätte. Wie soll
Küssel ein Packl von der Post abholen oder sich im Zug als Pensionist
ausweisen?

Frage also: Darf sich die staatliche Verwaltung weigern, dem sich
nicht in Haft befindlichen Bürger ein Ausweisdokument auszustellen?
Gibt es ein unverbrüchliches Recht auf dieses?
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2023-12-07 18:12:42 UTC
Permalink
Laut https://wien.orf.at/stories/3235703/ wurden 2016 dem wegen
nationalsozialistischer Wiederbetätigung mehrfach verurteilten
Gottfried Küssel Pass und Personalausweis entzogen, der
Verwaltungsgerichtshof segnete diese Entscheidung ab.
Exakt; die Begründung des VwGH ist leider nicht im RIS zu finden
(oder ich habe nicht gut genug gesucht).
Indirekt steht in dem Artikel, dass Küssel 2016 inhaftiert war,
2019 kam er frei. 2023 sucht er um einen Reisepass an ... und
kriegt keinen.
Ja, natürlich nicht - mit genau der gleichen Begründung, mit der die
Dokumente 2016 eingezogen wurden.
Ob jemand im Gefängnis Pass und Personalausweis braucht, lasse ich
mal dahingestellt. Bei Freigängen könnte ein Personalausweis aber
nötig werden. Und wie ist die Lage nach der Haftentlassung? Es
steht nicht im Artikel, dass er inzwischen einen Perso erhalten
hätte.
Zumindestens für den Reisepass gilt hier das Passgesetz
§14 (1) Z4, für den Personalausweis iVm §19 (2).
Wie soll Küssel ein Packl von der Post abholen oder sich im Zug
als Pensionist ausweisen?
Er kann ja einen Pensionistenausweis beantragen.
Frage also: Darf sich die staatliche Verwaltung weigern, dem sich
nicht in Haft befindlichen Bürger ein Ausweisdokument
auszustellen?
Sie darf nicht nur, sie muss es in diesem Fall sogar tun.
Gibt es ein unverbrüchliches Recht auf dieses?
Nein.

Servus,
Stefan
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Werner Tann
2023-12-07 18:56:56 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Wie soll Küssel ein Packl von der Post abholen oder sich im Zug
als Pensionist ausweisen?
Er kann ja einen Pensionistenausweis beantragen.
Du scheinst noch nicht in Pension zu sein, denn auf dem
Pensionistenausweis der PVA steht auf der Rückseite: "Diese Karte ist
[...] nur in Verbindung mit einem amtlichen Lichtbildausweis gültig."
Das heißt implizit: ein Pensionistenausweis ist kein amtlicher
Lichbildausweis und wird weder auf der Post noch im Zug anerkannt.
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Frage also: Darf sich die staatliche Verwaltung weigern, dem sich
nicht in Haft befindlichen Bürger ein Ausweisdokument
auszustellen?
Sie darf nicht nur, sie muss es in diesem Fall sogar tun.
Beim Pass ist es das eine, beim Personalausweis ein zweites. Repressiv
wird es IMO bei der Verweigerung jedwedes amtlichen
Lichtbildausweises.
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Gibt es ein unverbrüchliches Recht auf dieses?
Nein.
Ich weiß nicht, ob er einen Führerschein hat. Dieser wäre ein Ausweis,
der überall anerkannt wird. Du schreibst, man "musste" ihm den Pass
(und Perso?) sogar verweigern. Was ist mit dem Führerschein? "Musste"
man ihm den abnehmen? Es wird ja immer kafkaesker. Warum lässt man ihn
dann nicht gleich eingesperrt oder bürgert ihn aus? Die
Staatsbürgerschaft darf er behalten?
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2023-12-07 21:51:10 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Wie soll Küssel ein Packl von der Post abholen oder sich im Zug
als Pensionist ausweisen?
Er kann ja einen Pensionistenausweis beantragen.
Du scheinst noch nicht in Pension zu sein, [...]
Stimmt.

denn auf dem
Pensionistenausweis der PVA steht auf der Rückseite: "Diese Karte
ist [...] nur in Verbindung mit einem amtlichen Lichtbildausweis
gültig." Das heißt implizit: ein Pensionistenausweis ist kein
amtlicher Lichbildausweis und wird weder auf der Post noch im Zug
anerkannt.
Dann kann er sich einen Identitiätsausweis ausstellen lassen.
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Sie darf nicht nur, sie muss es in diesem Fall sogar tun.
Beim Pass ist es das eine, beim Personalausweis ein zweites.
Ich zitierte den entsprechenden Paragraphen.
Repressiv wird es IMO bei der Verweigerung jedwedes amtlichen
Lichtbildausweises.
Es war nirgendwo die Rede davon, dass das der Fall sein könnte.
Ich weiß nicht, ob er einen Führerschein hat. Dieser wäre ein
Ausweis, der überall anerkannt wird.
Inzwischen offenbar auch nicht mehr zwingend:
<https://www.oesterreich.gv.at/lexicon/A/Seite.990001.html>
Du schreibst, man "musste" ihm den Pass (und Perso?) sogar
verweigern. Was ist mit dem Führerschein? "Musste" man ihm den
abnehmen?
Nein, weshalb sollte man? Also vielleicht schon, keine Ahnung, dann
aber jedenfalls aus völlig anderen Gründen.
Warum lässt man ihn dann nicht gleich eingesperrt oder bürgert ihn
aus? Die Staatsbürgerschaft darf er behalten?
Sofern er keine Doppelstaatsbürgerschaft hat, kann man ihm die
Staatsbürgerschaft gar nicht aberkennen.

Servus,
Stefan
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2023 endlose Jahre Fortschritt! Und das alles ohne Stefan.
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Werner Tann
2023-12-08 06:46:43 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Dann kann er sich einen Identitiätsausweis ausstellen lassen.
Dass es so etwas gibt, wusste ich nicht und ist wohl den wenigsten ein
Begriff. Das war's schon. Das hättest du gleich in der ersten Antwort
schreiben können.

https://www.oesterreich.gv.at/themen/dokumente_und_recht/identitaetsausweis/Seite.540600.html

| Der Identitätsausweis gilt als Ausweisdokument innerhalb des Landes,
| stellt jedoch keinen Passersatz dar, wie der Personalausweis."

Auf deutsch, damit kann er nicht reisen, womit der Zweck erfüllt ist.
Bleibt die Frage, ob ein Staatsbürger ein Recht auf diesen
Identitätsausweis hat. Anscheinend ja, zumindest nach § 35a SPG:

| Auf Antrag haben Landespolizeidirektionen, [...] Staatsbürgern, die ihren
| Hauptwohnsitz [...] in ihrem Sprengel haben, einen Identitätsausweis
| auszustellen."
https://www.jusline.at/gesetz/spg/paragraf/35a
Bernhard Z
2023-12-22 11:17:20 UTC
Permalink
Post by Werner Tann
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Dann kann er sich einen Identitiätsausweis ausstellen lassen.
Dass es so etwas gibt, wusste ich nicht und ist wohl den wenigsten ein
Begriff. Das war's schon. Das hättest du gleich in der ersten Antwort
schreiben können.
Der Identitätsausweis wurde ordnungsgemäss in BGBl. I 1999/146
kundgemacht.
David Seppi
2023-12-18 17:02:46 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Sofern er keine Doppelstaatsbürgerschaft hat, kann man ihm die
Staatsbürgerschaft gar nicht aberkennen.
... außer er tritt in einen fremden Militärdienst ein.
--
David Seppi
1220 Wien
Bernhard Kuemel
2023-12-20 14:26:23 UTC
Permalink
Post by David Seppi
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Sofern er keine Doppelstaatsbürgerschaft hat, kann man ihm die
Staatsbürgerschaft gar nicht aberkennen.
... außer er tritt in einen fremden Militärdienst ein.
Zaehlt da bei der Ukraine mitkaempfen dazu?
Bernhard Z
2023-12-22 11:13:08 UTC
Permalink
Post by Bernhard Kuemel
Zaehlt da bei der Ukraine mitkaempfen dazu?
Es kommt drauf an.

Tritt er in die regulären Streitkräfte ein, dann auf jeden Fall. (§ 32
StbG) Das ist unabhängig von der Konfliktsituation und gilt zB auch für
den Eintritt in die französische Fremdenlegion.

Nimmt er "freiwillig für eine organisierte bewaffnete Gruppe aktiv an
Kampfhandlungen im Ausland im Rahmen eines bewaffneten Konfliktes" teil,
so ist nur dann die Staatsbürgerschaft zu entziehen, "wenn er dadurch
nicht staatenlos wird." (§ 33 (2) leg cit)

Bernhard
Gerhard Eichberger
2024-01-16 12:00:49 UTC
Permalink
Gerhard Eichberger
Post by David Seppi
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Sofern er keine Doppelstaatsbürgerschaft hat, kann man ihm die
Staatsbürgerschaft gar nicht aberkennen.
... außer er tritt in einen fremden Militärdienst ein.
Wie schaut das aber aus, wenn er als österreichischer Staatsbürger
beispielsweise zur russischen Fremdenlegion geht.

Dann müßte er einerseits die österreichische Staatsbürgerschaft
verlieren, weil er in einen ausländischen Militärdienst eingetreten ist;
andererseits kann er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht
verlieren, weil niemand staatenlos sein kann. Das ist meines
Erachtens ein juristisches Paradoxon.

Außerdem:
Wie war das denn bei den österreichischen Soldaten auf den
Golan-Höhen? Haben die die österreichische Staatsbürgerschaft
deshalb verloren?


Gerhard
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2024-01-16 13:59:37 UTC
Permalink
Post by Gerhard Eichberger
Post by David Seppi
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Sofern er keine Doppelstaatsbürgerschaft hat, kann man ihm die
Staatsbürgerschaft gar nicht aberkennen.
... außer er tritt in einen fremden Militärdienst ein.
Wie schaut das aber aus, wenn er als österreichischer Staatsbürger
beispielsweise zur russischen Fremdenlegion geht.
Dann müßte er einerseits die österreichische Staatsbürgerschaft
verlieren, weil er in einen ausländischen Militärdienst
eingetreten ist; andererseits kann er die österreichische
Staatsbürgerschaft nicht verlieren, weil niemand staatenlos sein
kann. Das ist meines Erachtens ein juristisches Paradoxon.
Keineswegs. Bei Kampfhandlungen wird im §33 StbG unterschieden:

[Militär-] Dienst eines fremden Staats: Hier wird entzogen,
unabhängig von der Existenz einer weiteren Staatsbürgerschaft.
Gegebenenfalls ist derjenige dann staatenlos und muss zusehen, wo er
bleibt

Bewaffnete Gruppen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts (aber nicht
im Dienst eines fremden Staats): Hier wird die Staatsbürgerschaft
nur entzogen, wenn derjenige dadurch nicht staatenlos würde. Das war
einer der Diskussionspunkte beim IS, der sich zwar Staat nennt,
jedoch kein solcher ist.
Post by Gerhard Eichberger
Wie war das denn bei den österreichischen Soldaten auf den
Golan-Höhen? Haben die die österreichische Staatsbürgerschaft
deshalb verloren?
Wo genau siehst Du da den Dienst für einen fremden Staat oder die
aktive Teilnahme an Kampfhandlungen im Rahmen eines bewaffneten
Konflikts?

Servus,
Stefan
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Stefan - blöd, unverwüstlich in allen Welten!
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