Discussion:
Mietnomaden
(zu alt für eine Antwort)
Bernhard Kuemel
2023-12-09 16:22:48 UTC
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Hi agr!

Ist es strafbar eine Wohnung/Haus zu mieten in der Absicht keine Miete
zu zahlen, und dann auch keine Miete zu zahlen, aber ev. das Objet
unterzuvermieten?

Betrug? Absicht zu bereichern (gratis wohnen oder Untermiete kassieren),
Schaden ist entgangene Miete fuer den Eigentuemer?

lg, Bernhard
Werner Tann
2023-12-10 07:14:17 UTC
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Post by Bernhard Kuemel
Ist es strafbar eine Wohnung/Haus zu mieten in der Absicht keine Miete
zu zahlen, und dann auch keine Miete zu zahlen, aber ev. das Objet
unterzuvermieten?
https://rechtsanwalt-strobl.at/2021/06/12/mietnomaden-ein-konkreter-fall/

Betrug setzt voraus, dass man die Absicht beweisen kann. Das könnte
schwierig sein, wenn der Mieter zum ersten Mal "tätig" ist bzw.
grundsätzlich in der Lage wäre, die Höhe der Miete aufzubringen.
Anders sieht es aus, wie im verlinkten Fall beschrieben, wenn ein
Mieter in den letzten Jahren von Wohnung zu Wohnung gezogen ist, gegen
ihn etliche Exekutionsverfahren gelaufen sind und er obendrein nur
Arbeitslosengeld bezieht, während er dem Vermieter vorgelogen hat, er
beziehe 3000 Euro monatlich an Gehalt.

Kurz: Mietnomaden sind keine "normalen" Leute, die von jetzt auf
gleich beschließen, keine Miete mehr bezahlen zu wollen, sondern
soziale Problembären, die oft ein entsprechendes Vorleben haben,
sodass der betrügerische Vorsatz im konkreten Fall als gegeben
angenommen werden kann.

Wir hatten mal hier eine solche Nachbarin, auf den ersten Blick "ganz
normal und lieb und nett", auf den zweiten mit totalem Dachschaden.
Vermieter ohne Menschenkenntnis fallen halt auf solche herein.
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2023-12-10 09:31:40 UTC
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Post by Werner Tann
Post by Bernhard Kuemel
Ist es strafbar eine Wohnung/Haus zu mieten in der Absicht keine
Miete zu zahlen, und dann auch keine Miete zu zahlen, aber ev.
das Objet unterzuvermieten?
https://rechtsanwalt-strobl.at/2021/06/12/mietnomaden-ein-konkreter-fall/
Betrug setzt voraus, dass man die Absicht beweisen kann.
Nein, Betrug setzt lediglich die Absicht voraus. Der Beweis ist
erst für eine Verurteilung erforderlich - ansonsten ist derjenige
mit dem Tatbestand ungestraft durchgekommen.

Servus,
Stefan
--
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Stefan - beerdigen!? Nur beglücken ist verzerrter.
(Sloganizer)
Werner Tann
2023-12-10 12:51:47 UTC
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Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Post by Werner Tann
Betrug setzt voraus, dass man die Absicht beweisen kann.
Nein, Betrug setzt lediglich die Absicht voraus. Der Beweis ist
erst für eine Verurteilung erforderlich - ansonsten ist derjenige
mit dem Tatbestand ungestraft durchgekommen.
Eine Handlung ist rechtlich Betrug, wenn ein Gericht sie als solchen
erkannt hat. Dies geht nur, wenn Beweise (oder erdrückende Indizien)
vorlagen. Einen Betrug an sich, vor der Verurteilung, gibt es
rechtlich daher nicht. Analog darf man einen Bankräuber medial erst
nach der Verurteilung als Bankräuber bezeichnen, selbst wenn er
während der Tat verhaftet wurde.

Und jemand kommt mit einem "Tabestand" auch nicht "ungestraft durch",
sondern die Anklage konnte mit der Tatbestandsbeschreibung und
Beweisführung das Gericht nicht überzeugen, weshalb mit oder ohne
Zweifel der Angeklagte freizusprechen ist - und er kein Betrüger
*ist*! Auch dann nicht, wenn tatsächlich betrogen hat! Das ist eben
der Unterschied zwischen dem, was einerseits der Angeklagte von sich
weiß und was das Umfeld zu wissen glaubt und was andererseits das
Gericht als erwiesen erachtet. Oder kurz: Kein Betrug ohne Urteil.
Natürlich sieht das der "Volksmund" anders, wenn z. B. alle Nachbarn
"viel" mitbekommen haben und felsenfest zu wissen glauben, was sich in
fraglicher Nacht beim Nachbarn abgespielt hat.
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2023-12-10 13:05:23 UTC
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Post by Werner Tann
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Post by Werner Tann
Betrug setzt voraus, dass man die Absicht beweisen kann.
Nein, Betrug setzt lediglich die Absicht voraus. Der Beweis ist
erst für eine Verurteilung erforderlich - ansonsten ist derjenige
mit dem Tatbestand ungestraft durchgekommen.
Eine Handlung ist rechtlich Betrug, wenn ein Gericht sie als
solchen erkannt hat.
Nein, eine Handlung ist dann Betrug (oder irgendetwas anderes aus
dem StGB), wenn der jeweilige Tatbestand verwirklicht worden ist. Da
Menschen nicht hellsehen können, haben sie zum StGB auch noch die
StPO erfunden, die Formalakte definiert, ab wann der Rest der
Menschheit davon ausgehen darf, dass das tatsächlich der Fall war.

Wer einen anderen tötet, ist ein Mörder (schreibt das StGB), und das
ist freilich auch dann der Fall, wenn es nie jemand herausfindet
oder man es im Zweifel nicht nachweisen kann. Es *gibt* die
objektive Realität auch dann, wenn sie nicht bekannt ist - ihr
Nutzen ist freilich gering.
Post by Werner Tann
Einen Betrug an sich, vor der Verurteilung, gibt es rechtlich
daher nicht.
Analog darf man einen Bankräuber medial erst nach der Verurteilung
als Bankräuber bezeichnen, selbst wenn er während der Tat
verhaftet wurde.
...*bezeichnen* darfst Du jemanden halt nur (und erst) nach einer
Verurteilung, da die objektive Wahrheit nun einmal nicht bekannt ist
und wir uns daher auf das Gerichtsurteil als deren beste
Approximation geeinigt haben.
Post by Werner Tann
Natürlich sieht das der "Volksmund" anders, wenn z. B. alle
Nachbarn "viel" mitbekommen haben und felsenfest zu wissen
glauben, was sich in fraglicher Nacht beim Nachbarn abgespielt
hat.
Das ist wieder etwas ganz anderes und setzt keinerlei erfüllten
Tatbestand voraus.

Servus,
Stefan
--
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Stefan!? Ja! Denn rülpsen ist neuer als bumsen.
(Sloganizer)
Werner Tann
2023-12-10 13:49:12 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Post by Werner Tann
Betrug setzt voraus, dass man die Absicht beweisen kann.
[...]
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Nein, eine Handlung ist dann Betrug (oder irgendetwas anderes aus
dem StGB), wenn der jeweilige Tatbestand verwirklicht worden ist.
Betrug im Sinn des Gesetzes, ja. Wir sprechen in diesem Thread aber
nicht über den Betrugsparagraphen allgemein, sondern der OP wollte
meinem Verständnis nach ganz konkret wissen, ob ein Mietnomade wegen
Betrugs dranzukriegen ist. Und bei der Beantwortung dieser Frage
reicht der Paragraph nicht hin, sondern man wird verdeutlichen müssen,
dass der Täuschungsvorsatz zu beweisen ist.

Ein mitdenkender Leser hätte meinen Satz sowieso gelesen als "(Eine
Verurteilung wegen) Betrug(s) setzt voraus ...".
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2023-12-10 22:48:24 UTC
Permalink
Post by Werner Tann
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Post by Werner Tann
Betrug setzt voraus, dass man die Absicht beweisen kann.
[...]
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Nein, eine Handlung ist dann Betrug (oder irgendetwas anderes aus
dem StGB), wenn der jeweilige Tatbestand verwirklicht worden ist.
Betrug im Sinn des Gesetzes, ja. Wir sprechen in diesem Thread
aber nicht über den Betrugsparagraphen allgemein, sondern der OP
wollte meinem Verständnis nach ganz konkret wissen, ob ein
Mietnomade wegen Betrugs dranzukriegen ist.
Usenet ist bekannt dafür, dass sich Threads niemals von der
Originalfrage wegbewegen. Die war übrigens:

#v+
Ist es strafbar eine Wohnung/Haus zu mieten in der Absicht keine
Miete zu zahlen, und dann auch keine Miete zu zahlen, [...]
#v-

Und die Antwort darauf ist eindeutig: Ja, das ist strafbar.

Dass aus der Strafbarkeit nur dann eine Strafe wird, wenn die Tat
gerichtlich erkanntund verurteilt wird, ist klar.

Servus,
Stefan
--
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Blausam bleibt blausam: Stefan!
(Sloganizer)
David Seppi
2023-12-18 17:07:39 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
...*bezeichnen* darfst Du jemanden halt nur (und erst) nach einer
Verurteilung, da die objektive Wahrheit nun einmal nicht bekannt ist
und wir uns daher auf das Gerichtsurteil als deren beste
Approximation geeinigt haben.
Nein. Bezeichnen darfst du jemanden auch vorher schon, solange du
den Wahrheitsbeweis erbringen kannst. Bei entsprechend geringer
Öffentlichkeit reicht es sogar hinreichende Gründe zu haben die
Behauptung für wahr zu halten. (Siehe § 111 Abs. 3 StGB.
Im Mediengesetz gibt es noch weitere Regelungen.)
--
David Seppi
1220 Wien
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2023-12-18 21:06:09 UTC
Permalink
Post by David Seppi
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
...*bezeichnen* darfst Du jemanden halt nur (und erst) nach einer
Verurteilung, da die objektive Wahrheit nun einmal nicht bekannt
ist und wir uns daher auf das Gerichtsurteil als deren beste
Approximation geeinigt haben.
Nein. Bezeichnen darfst du jemanden auch vorher schon, solange du
den Wahrheitsbeweis erbringen kannst.
Ok, zugegeben, aber das möchte man sich idR selbst dann nicht ans
Bein binden, wenn es der Fall ist (ob der Beweis tatsächlich ein
Beweis in diesem Sinn ist, entscheidet dann ja auch wieder ein
Gericht).
Post by David Seppi
Bei entsprechend geringer Öffentlichkeit reicht es sogar
hinreichende Gründe zu haben die Behauptung für wahr zu halten.
(Siehe § 111 Abs. 3 StGB. Im Mediengesetz gibt es noch weitere
Regelungen.)
Im §111 sehe ich das Ausmaß der Öffentlichkeit nur im Abs. 2
behandelt, und dort geht es um das Straßmaß. Der Abs. 3 mit den
hinreichenden Gründen gilt (für ich, auf den ersten Blick)
unabhängig vom Ausmaß der Öffentlichkeit. Aber ja, auch das ist
grundsätzlich korrekt.

Wobei, wenn ich ganz spitzfindig bin, der ungestraft als Täter
Bezeichnete keineswegs zwingend ein Täter *sein* muss, selbst nach
einem rechtskräftigen Urteil nicht - Fehlurteile passieren.

Servus,
Stefan
--
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Stefan, mit dem horrenden Streifen der Liebe.
(Sloganizer)
David Seppi
2023-12-19 20:32:11 UTC
Permalink
[...]
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Post by David Seppi
Bei entsprechend geringer Öffentlichkeit reicht es sogar
hinreichende Gründe zu haben die Behauptung für wahr zu halten.
(Siehe § 111 Abs. 3 StGB. Im Mediengesetz gibt es noch weitere
Regelungen.)
Im §111 sehe ich das Ausmaß der Öffentlichkeit nur im Abs. 2
behandelt, und dort geht es um das Straßmaß. Der Abs. 3 mit den
hinreichenden Gründen gilt (für ich, auf den ersten Blick)
unabhängig vom Ausmaß der Öffentlichkeit.
Der Abs. 3 setzt unterschiedliche Grenzen, je nachdem ob Abs. 1 oder
Abs. 2 zutrifft. Bei einer breiten Öffentlichkeit (Abs. 2) brauchst du
für Straffreiheit also einen Wahrheitsbeweis, während sonst (Abs. 1)
die hinreichenden Gründe reichen.
--
David Seppi
1220 Wien
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2023-12-20 14:39:21 UTC
Permalink
Post by David Seppi
[...]
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Post by David Seppi
Bei entsprechend geringer Öffentlichkeit reicht es sogar
hinreichende Gründe zu haben die Behauptung für wahr zu halten.
(Siehe § 111 Abs. 3 StGB. Im Mediengesetz gibt es noch weitere
Regelungen.)
Im §111 sehe ich das Ausmaß der Öffentlichkeit nur im Abs. 2
behandelt, und dort geht es um das Straßmaß. Der Abs. 3 mit den
hinreichenden Gründen gilt (für ich, auf den ersten Blick)
unabhängig vom Ausmaß der Öffentlichkeit.
Der Abs. 3 setzt unterschiedliche Grenzen, je nachdem ob Abs. 1
oder Abs. 2 zutrifft. Bei einer breiten Öffentlichkeit (Abs. 2)
brauchst du für Straffreiheit also einen Wahrheitsbeweis, während
sonst (Abs. 1) die hinreichenden Gründe reichen.
Ah, jetzt, ja. Ein zweiter Blick hätte möglicherweise geholfen,
halleluja :-/

Servus,
Stefan
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Stefan - so ein lieber Gedanke.
(Sloganizer)
David Seppi
2023-12-18 17:04:14 UTC
Permalink
[...]
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Post by Werner Tann
Betrug setzt voraus, dass man die Absicht beweisen kann.
Nein, Betrug setzt lediglich die Absicht voraus.
Genau genommen reicht sogar bedingter Vorsatz.
--
David Seppi
1220 Wien
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