Discussion:
Unterschied zwischen Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge
(zu alt für eine Antwort)
A.K.
2006-10-17 16:05:15 UTC
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Der eben neu verhandelte Prozess gegen den Vater, der sein Kleinkind quasi
zu Tode geschüttelt hat und den die Geschworenen nicht wegen Mord sondern
nur wegen Totschlag verurteilt haben bringt mich zu der Frage was eigentlich
der Unterschied vor allem zwischen Mord und Totschlag ist. Körperverletzung
mit Todesfolge kann ich mir als Laie noch eher vorstellen.
Ingmar Greil
2006-10-17 16:12:21 UTC
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... bringt mich zu der Frage was eigentlich der Unterschied vor
allem zwischen Mord und Totschlag ist.
Warum nicht im StGB nachschauen?

§ 75, Mord: Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn
bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu
bestrafen.

Quasi der Grundtatbestand.

§ 76, Toschlag: 76. Wer sich in einer allgemein begreiflichen
heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen zu töten,
ist mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

Alles klar? Allgemein begreifliche, heftige Gemütsbewegung, quasi "im
Affekt". Auf jeden Fall nicht geplant und mit Vorbedacht.

Ingmar
--
http://www.aktenvermerk.at
Harald Muehlboeck
2006-10-20 21:52:27 UTC
Permalink
Post by Ingmar Greil
... bringt mich zu der Frage was eigentlich der Unterschied vor
allem zwischen Mord und Totschlag ist.
Warum nicht im StGB nachschauen?
§ 75, Mord: Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn
bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu
bestrafen.
Quasi der Grundtatbestand.
§ 76, Toschlag: 76. Wer sich in einer allgemein begreiflichen
heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen zu töten,
ist mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
Alles klar?
Nein.

Einen anderen töten kann man im Affekt, aus Notwehr oder
unbeabsichtigt. So wie das in §75 steht, wäre das alles
Mord. Totschlag, Notwehr, etc. nur spezielle Formen des Mordes, die
geringer oder gar nicht bestraft werden. Das steht IMO im Widerspruch
zum allgemeinen Sprachgebrauch. In den Gesetzestexten anderer
deutschspachiger Länder besteht dagegen eine klare Abgrenzung zwischen
Mord und Totschlag:

| (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des
|Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
|heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um
|eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen
|tötet.

| § 212 Totschlag: (1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein,
| wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren
| bestraft.

oder:

| 1. Tötung.
| Art. 111
| Vorsätzliche Tötung
| Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besondern
| Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit
| Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.
|
| Art. 112
| Mord
| Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein
| Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders
| verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliches Zuchthaus oder
| Zuchthaus nicht unter zehn Jahren
|
| Art. 113
| Totschlag
| Handelt der Täter in einer nach den Umständen entschuldbaren
| heftigen Gemütsbewegung oder unter grosser seelischer Belastung, so
| ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder Gefängnis von einem
| bis zu fünf Jahren.
Ingmar Greil
2006-10-21 05:36:34 UTC
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Post by Harald Muehlboeck
Post by Ingmar Greil
Alles klar?
Nein.
Einen anderen töten kann man im Affekt, aus Notwehr oder
unbeabsichtigt.
Ja, und noch auf ein paar andere Arten. Vorsätzlich, fahrlässig, als
Körperverletzung mit Todesfolge, auf Verlangen des Opfers, Tötung des
Kindes durch die Mutter unter Einwirkung des Geburtsvorganges ...
Post by Harald Muehlboeck
So wie das in §75 steht, wäre das alles Mord.
Nein. Das ist eben der Grundtatbestand, alles andere sind Ausnahmen.
Im Affekt? Totschlag. Fahrlässig? Fahrlässige Tötung. Usw usw. Unterm
Strich bleibt für Mord nur die vorsätzliche, vorbedachte Tötung eines
anderen übrig.
Post by Harald Muehlboeck
Totschlag, Notwehr, etc. nur spezielle Formen des Mordes, die
geringer oder gar nicht bestraft werden.
Nein, das ist eben kein Mord. Zulässige Notwehr ist gänzlich
straffrei, auch wenn der Angreifer dabei zu Tode kommen sollte. Statt
jetzt aber zu jedem Paragraph (Körperverletzung, Sachbeschädigung, etc
etc) einen eigenen Notwehparagrapghen zu schreiben, gibt es nur einen,
der allgemeine Regeln aufstellt.
Post by Harald Muehlboeck
Das steht IMO im Widerspruch zum allgemeinen Sprachgebrauch.
Wenn Du meinst. Das StGB in seiner jetzigen Form gibt es seit 1977,
und das hat bisher recht gut funktioniert.
Post by Harald Muehlboeck
In den Gesetzestexten anderer deutschspachiger Länder besteht
Tja. In Deutschland ist Mord eben anders definiert als in Österreich.

Ingmar
--
http://www.aktenvermerk.at
Michael Suda
2006-10-21 09:29:10 UTC
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Post by Harald Muehlboeck
Post by Ingmar Greil
§ 75, Mord: Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn
bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu
bestrafen.
Quasi der Grundtatbestand.
§ 76, Toschlag: 76. Wer sich in einer allgemein begreiflichen
heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen zu töten,
ist mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
Alles klar?
Nein.
Einen anderen töten kann man im Affekt, aus Notwehr oder
unbeabsichtigt. So wie das in §75 steht, wäre das alles
Mord. Totschlag, Notwehr, etc. nur spezielle Formen des Mordes, die
geringer oder gar nicht bestraft werden. Das steht IMO im
Widerspruch
zum allgemeinen Sprachgebrauch. In den Gesetzestexten anderer
deutschspachiger Länder besteht dagegen eine klare Abgrenzung
zwischen
[Rest gekürzt]

Mord ist nach _österreichischem_ Strafrecht (siehe das "at" im Namen
der Newsgroup) sehr einfach und umfassend definiert. Anders
ausgedrückt: jede, von einem bedingten _Vorsatz_ umfasste Tötung eines
Menschen ist Mord. Fahrlässige - in den Worten von Harald Muehlboeck:
"unbeabsichtigte" - Tötung scheidet also aus. Es ist nun einmal so,
dass der allgemeine Sprachgebrauch oftmals anders und/oder unpräziser
ist als vom Gesetzgeber formulierte Tatbestände (man denke etwa daran,
wie lange es gebraucht hat, bis sich auch in die letzte
Hintertupfinger Redaktionssstube herumgesprochen hatte, dass die
Saliera keineswegs aus dem KHM "geraubt" worden ist).
Neben dem Grundtatbestand gibt es im Fall des Mordes keine
qualifizierten (= mit strengerer Strafe bedrohten) sondern nur
privilegierte (= mit geringerer Strafe bedrohte) Spezialtatbestände.
Dazu gehören: Totschlag (§ 76 StGB), Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB),
Tötung eines Kindes bei der Geburt (§ 79 StGB) sowie - nur mit
_Einschränkungen_, weil durch die moralische Frage nach dem Beginn des
rechtlich geschützten menschlichen Lebens kontroversiell - der
Schwangerschaftsabbruch (Die §§ 96ff StGB bilden nicht ohne Grund
einen eigenen Abschnitt im besonderen Teil des Gesetzbuches, sind also
formell keine strafbaren Handlungen "gegen Leib und Leben"). Eine
qualifizierte Form des Mordes (etwa: Mord aus Gewinnsucht oder mit
Heimtücke) gibt es nach österreichischem Strafrecht nicht. Solche
Motive können nur im Rahmen der Strafbemessung (§ 32 Abs 3 StGB)
berücksichtigt werden.
Einen gewissen Sonderfall stellt die Mitwirkung am Selbstmord (§ 78
StGB) dar, da dabei, abweichend vom System des StGB, ausdrücklich nur
speziell die Tatbegehungsformen der Bestimmung und der Beihilfe unter
Strafdrohung stehen, wobei es, da Selbstmörder sich nicht strafbar
machen, keinen unmittelbaren Täter gibt.
Dieses System hat sich bewährt und wird m.W. auch kaum in Frage
gestellt.
--
Michael Suda
A-1040 Wien
Oesterreich/Austria/Autriche
Ingmar Greil
2006-10-21 10:24:47 UTC
Permalink
Post by Michael Suda
Einen gewissen Sonderfall stellt die Mitwirkung am Selbstmord (§ 78
StGB) dar, da dabei, abweichend vom System des StGB, ausdrücklich nur
speziell die Tatbegehungsformen der Bestimmung und der Beihilfe unter
Strafdrohung stehen, wobei es, da Selbstmörder sich nicht strafbar
machen, keinen unmittelbaren Täter gibt.
Naja, der ganze 78er ist ja nur notwendig, weil Selbstmord an sich
nicht strafbar ist. Man könnte also einen Beitragstäter nicht
belangen, weil es kein Grunddelikt gibt. So ist in D konsequenterweise
die Beihilfe zum Selbstmord straffrei.
Post by Michael Suda
Dieses System hat sich bewährt und wird m.W. auch kaum in Frage
gestellt.
So ist es.

Ingmar
--
http://www.aktenvermerk.at
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2006-10-21 11:01:19 UTC
Permalink
On Sat, 21 Oct 2006 11:29:10 +0200 Michael Suda wrote:
[Mord-Straftatbestaende]
Post by Michael Suda
Dieses System hat sich bewährt und wird m.W. auch kaum in Frage
gestellt.
Ich hatte da einmal eine Diskussion mit einer (damals angehenden)
deutschen Juristin - fuer mich als Laien ein etwas schwieriges
Unterfangen. Jedenfalls fand sie, im Gegensatz zu mir, die deutsche
Rechtslage sinnvoller, weil:

| Ihr fasst unseren Mord und Totschlag quasi in einem einzigen Delikt
| zusammen und überlasst dem Richter damit mehr Freiheit in der Festlegung
| des Strafmaßes, als das bei uns der Fall ist (denn das ist die direkte
| Folge daraus).

Woher kommt eigentlich dieser grundlegende Unterschied? Sonst schreiben
die Leute doch auch ueberall voneinander ab, wenn es nur irgendwie
moeglich ist (und die kulturellen Unterschiede de<->at sollten in dieser
Hinsicht ja relativ gering sein)...

Servus,
Stefan
--
http://kontaktinser.at/ - die kostenlose Kontaktboerse fuer Oesterreich

Stefan. Zauberhaft und dezent!
(Sloganizer)
Ingmar Greil
2006-10-22 09:45:02 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Ich hatte da einmal eine Diskussion mit einer (damals angehenden)
deutschen Juristin - fuer mich als Laien ein etwas schwieriges
Unterfangen. Jedenfalls fand sie, im Gegensatz zu mir, die deutsche
Naja, jeder sieht die Thematik irgendwie durch die Augen der eigenen
Rechtsordnung.
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
| Ihr fasst unseren Mord und Totschlag quasi in einem einzigen Delikt
| zusammen und überlasst dem Richter damit mehr Freiheit in der Festlegung
| des Strafmaßes, als das bei uns der Fall ist (denn das ist die direkte
| Folge daraus).
Das finde ich nicht. In Deutschland ist die Strafdrohung für Totschlag
"nicht unter 5 Jahre", in Ö sind es "5 - 10 Jahre". Mehr Freiheiten
hat in diesem Fall wohl das deutsche Gericht.
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Woher kommt eigentlich dieser grundlegende Unterschied?
Die Unterschiede sind nicht so gravierend. Aber auch wenn sich die
deutsche und die österreichische Rechtsordnung reht ähnlich sind, sind
sie eben nicht ident. Insb das Strafrecht gibt sich jedes Land eben
selbst, so wie es das für richtig befindet.

Manche Dinge sind in manchen Ländern gar nicht strafbar, die
Tatbestände können sich unterscheiden, und eben auch die
Strafdrohungen.

Ingmar
--
http://www.aktenvermerk.at
David Seppi
2006-10-21 12:11:43 UTC
Permalink
Post by Michael Suda
Neben dem Grundtatbestand gibt es im Fall des Mordes keine
qualifizierten (= mit strengerer Strafe bedrohten) sondern nur
privilegierte (= mit geringerer Strafe bedrohte) Spezialtatbestände.
Was ist mit § 321?
--
Impressum: http://unet.univie.ac.at/~a0425013/Impressum.html
Ingmar Greil
2006-10-21 12:40:08 UTC
Permalink
Post by David Seppi
Post by Michael Suda
Neben dem Grundtatbestand gibt es im Fall des Mordes keine
qualifizierten (= mit strengerer Strafe bedrohten) sondern nur
privilegierte (= mit geringerer Strafe bedrohte) Spezialtatbestände.
Was ist mit § 321?
Das ist kein Mord im eigentlichen Sinn mehr; die Tat wird losgelöst
von der eigentlichen Tötungshandlung gesehen, bzw ist diese nur eine
Erscheinungsform. "Völkermord" kann man auch begehen, in dem man den
Opfern "seelische Schäden zufügt", oder die Gruppe "Lebensbedingungen
unterwirft, die geeignet sind, den Tod aller Mitglieder oder eines
Teiles der Gruppe herbeizuführen", oder "Maßnahmen verhängt, die auf
die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind" usw.

Ingmar
--
http://www.aktenvermerk.at
Matthias Kahlert
2006-10-21 12:18:24 UTC
Permalink
Post by Michael Suda
Post by Ingmar Greil
§ 75, Mord: Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von
zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu
bestrafen.
Mord ist nach _österreichischem_ Strafrecht (siehe das "at" im Namen
der Newsgroup) sehr einfach und umfassend definiert. Anders
ausgedrückt: jede, von einem bedingten _Vorsatz_ umfasste Tötung eines
"unbeabsichtigte" - Tötung scheidet also aus.
Das steht aber nicht im Gesetz. Dass das so zu verstehen ist, kann man
vermutlich jedem Lehrbuch/Kommentar zum Strafrecht entnehmen, aber nicht
dem blossen Text des §75.
Post by Michael Suda
Es ist nun einmal so,
dass der allgemeine Sprachgebrauch oftmals anders und/oder unpräziser
ist als vom Gesetzgeber formulierte Tatbestände
Dass der GG hier "töten" offenbar als "absichtlich töten" versteht,
würde ich nicht unbedingt als "präziser" bezeichnen.
--
Matthias
David Seppi
2006-10-21 12:22:10 UTC
Permalink
[...]
Post by Matthias Kahlert
Post by Michael Suda
Mord ist nach _österreichischem_ Strafrecht (siehe das "at" im Namen
der Newsgroup) sehr einfach und umfassend definiert. Anders
ausgedrückt: jede, von einem bedingten _Vorsatz_ umfasste Tötung eines
"unbeabsichtigte" - Tötung scheidet also aus.
Das steht aber nicht im Gesetz. Dass das so zu verstehen ist, kann man
vermutlich jedem Lehrbuch/Kommentar zum Strafrecht entnehmen, aber nicht
dem blossen Text des §75.
Doch es steht im Gesetz, aber woanders, nämlich in § 7 Abs. 1:

| § 7. (1) Wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, ist nur
| vorsätzliches Handeln strafbar.
Post by Matthias Kahlert
Post by Michael Suda
Es ist nun einmal so,
dass der allgemeine Sprachgebrauch oftmals anders und/oder unpräziser
ist als vom Gesetzgeber formulierte Tatbestände
Dass der GG hier "töten" offenbar als "absichtlich töten" versteht,
würde ich nicht unbedingt als "präziser" bezeichnen.
Absichtlich ist ja nicht notwendig, nur vorsätzlich.
Und das steht wie gesagt in § 7 StGB.
--
Impressum: http://unet.univie.ac.at/~a0425013/Impressum.html
Ingmar Greil
2006-10-21 12:43:59 UTC
Permalink
Thus spake Matthias Kahlert
Post by Matthias Kahlert
Anders ausgedrückt: jede, von einem bedingten _Vorsatz_ umfasste
Tötung eines Menschen ist Mord. Fahrlässige - in den Worten von
Harald Muehlboeck: "unbeabsichtigte" - Tötung scheidet also aus.
Das steht aber nicht im Gesetz.
Doch, das ergibt sich aus einer zusammenschauenden Intepretation und
Leseweise. Wenn jede Tötung ein Mord sein soll, dann bliebe kein
Anwendungsbereich für die Fahrlässige Tötung. Dem Gestezgeber kann man
jdfn icht so ohne weiteres unterstellen, ein sinnloses Gesetz machen
zu wollen.
Post by Matthias Kahlert
Dass der GG hier "töten" offenbar als "absichtlich töten" versteht,
würde ich nicht unbedingt als "präziser" bezeichnen.
§ 7. (1) Wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, ist nur
vorsätzliches Handeln strafbar.

Ingmar
--
http://www.aktenvermerk.at
Peter Renner
2006-10-21 11:42:38 UTC
Permalink
Post by Harald Muehlboeck
Einen anderen töten kann man im Affekt, aus Notwehr oder
unbeabsichtigt. So wie das in §75 steht, wäre das alles
Mord. Totschlag, Notwehr, etc. nur spezielle Formen des Mordes, die
geringer oder gar nicht bestraft werden. Das steht IMO im Widerspruch
zum allgemeinen Sprachgebrauch. In den Gesetzestexten anderer
deutschspachiger Länder besteht dagegen eine klare Abgrenzung zwischen
| (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des
|Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
|heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um
|eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen
|tötet.
Obige Rechstssprechung ist aber sehr daneben:
Wenn ich zurechnungsfähig und aber trotzdem überzeugt bin, daß die Tötung
von Person X mittels Kopfschuß der Welt was gutes täte (und mit der Ansicht
damit u.U. sogar Recht habe)
- handle ich nicht aus niedrigen Beweggründen
- töte weder heimtückisch noch grausam
und daher in obigem Kontext kein Mörder!
Dann wäre die RAF Mitglieder aber auch jeder gewerbliche Auftragskiller
keine Mörder.
Der von Dir zitierte Text steht daher wohl sehr deutlich im Kontrast zum
allg. Sprachgebrauch.


<snip>
Post by Harald Muehlboeck
| Art. 112
| Mord
| Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein
| Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders
| verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliches Zuchthaus oder
| Zuchthaus nicht unter zehn Jahren
Klingt irgendwie reißerisch, fast schon á la Hollywood.
Paßte wohl besser auf "Meuchelmord" o.ä.


Ich finde es korrekt daß in .at für den Straftatbestand des Mordes nicht
spezielle Handlungsziele oder Ausführungsarten vorgeschrieben sind.


P.
Ingmar Greil
2006-10-21 12:36:10 UTC
Permalink
Post by Peter Renner
Dann wäre die RAF Mitglieder aber auch jeder gewerbliche Auftragskiller
keine Mörder.
Jemand gegen Bezahlung zu töten ist ganz bestimmt ein niedriger
Beweggrund.

Ingmar
--
http://www.aktenvermerk.at
David Seppi
2006-10-17 16:14:56 UTC
Permalink
Post by A.K.
Der eben neu verhandelte Prozess gegen den Vater, der sein Kleinkind quasi
zu Tode geschüttelt hat und den die Geschworenen nicht wegen Mord sondern
nur wegen Totschlag verurteilt haben bringt mich zu der Frage was
eigentlich der Unterschied vor allem zwischen Mord und Totschlag ist.
Auszug aus dem StGB:

| Besonderer Teil
|
| Erster Abschnitt
| Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben
|
| Mord
|
| § 75. Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis
| zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.
|
| Totschlag
|
| § 76. Wer sich in einer allgemein begreiflichen heftigen
| Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen zu töten, ist mit
| Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
--
Impressum: http://unet.univie.ac.at/~a0425013/Impressum.html
A.K.
2006-10-17 17:48:49 UTC
Permalink
Alles klar, danke !
Andreas
Peter Renner
2006-10-21 11:52:30 UTC
Permalink
Post by David Seppi
Post by A.K.
Der eben neu verhandelte Prozess gegen den Vater, der sein Kleinkind quasi
zu Tode geschüttelt hat und den die Geschworenen nicht wegen Mord sondern
nur wegen Totschlag verurteilt haben bringt mich zu der Frage was
eigentlich der Unterschied vor allem zwischen Mord und Totschlag ist.
<snip>
Post by David Seppi
| Totschlag
| § 76. Wer sich in einer allgemein begreiflichen heftigen
| Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen zu töten, ist mit
| Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
Wobei der Schüttler vermutlich nicht töten wollte. Ich befürchte, es ist
ihm eine Sicherung durchgebrannt (=> allgemein begreifliche heftige
Gemütsbewegung) und er hat sich hinreißen lassen das Kind zu "schütteln
bis es nicht mehr so laut schreit"

§76 klingt für mich, so als ob eine gewisse, temporäre, irrationale, Absicht
zur _Tötung_ aufgeflackert sein müßte um Totschlag zu ergeben.

Ich hätte eher vermutet, daß in obigem Fall (ggf. fahrlässige) Körperverletzung
mit Todesfolge zutreffender wäre. Außer es stellt sich heraus, daß der
Beschuldigte sehr genau um die Gefahren des Schütteln Bescheid gewußt hat.

"Zum Töten hinreißen lassen" kann sich doch nur jemand der sich bewußt ist,
daß er nun jemanden tötet oder mit hoher Wahrscheinlichkeit töten wird..


P.
David Seppi
2006-10-21 12:08:11 UTC
Permalink
[...]
Post by Peter Renner
Post by David Seppi
| Totschlag
| § 76. Wer sich in einer allgemein begreiflichen heftigen
| Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen zu töten, ist mit
| Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
Wobei der Schüttler vermutlich nicht töten wollte. Ich befürchte, es ist
ihm eine Sicherung durchgebrannt (=> allgemein begreifliche heftige
Gemütsbewegung) und er hat sich hinreißen lassen das Kind zu "schütteln
bis es nicht mehr so laut schreit"
Ich glaube nicht, daß "eine Sicherung durchgebrannt" automatisch
als "allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung" zu werten ist.
Wenn der Täter vom Opfer extrem gereizt wurde, dann wird die Gemütsbewegung
wahrscheinlich allgemein begreiflich sein, aber was soll beim "Schüttler"
allgemein begreiflich sein? Wenn, dann könnte man ihn als
unzurechnungsfähig betrachten.
Post by Peter Renner
§76 klingt für mich, so als ob eine gewisse, temporäre, irrationale,
Absicht zur _Tötung_ aufgeflackert sein müßte um Totschlag zu ergeben.
Ja, wenn der Täter vom Opfer provoziert wurde, z.B.
Post by Peter Renner
"Zum Töten hinreißen lassen" kann sich doch nur jemand der sich bewußt
ist, daß er nun jemanden tötet oder mit hoher Wahrscheinlichkeit töten
wird..
Natürlich, denn sonst wäre die Tat nicht vorsätzlich, und Totschlag kann nur
vorsätzlich begangen werden.
--
Impressum: http://unet.univie.ac.at/~a0425013/Impressum.html
Peter Renner
2006-10-21 12:34:20 UTC
Permalink
Post by David Seppi
Ich glaube nicht, daß "eine Sicherung durchgebrannt" automatisch
als "allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung" zu werten ist.
Wenn der Täter vom Opfer extrem gereizt wurde, dann wird die Gemütsbewegung
wahrscheinlich allgemein begreiflich sein, aber was soll beim "Schüttler"
allgemein begreiflich sein?
Nun, ein kreischendes Kind ist schon eine allgemein begreifliche Belastung.
Ich sehe das ganz deutlich in den Gesichtern der Leute wenn meine Tochter
(2 Jahre) mal brüllt und kreischt. Wobei liebevolles Mit-Ihr-Beschäftigen
sie ohnehin sehr schnell besänftigt.

Wenn ich mir dieses Hotel am Wolfgangsee in Erinnerung rufe, scheint es
einen allgemeinen Konsenz zu geben, daß Kinder der Erholung anderer
abträglich sein können. In der Therme Lutzmannburg dürfen Kinder in einen
Bereich nicht rein, auch nicht wenn man aufzuzahlen bereit wäre.

Diese Einstellung ändert sich zwar sobald man selbst ein Kind hat,
aber IIRC hat der Schüttler das Kind seiner Bekannten malträtiert.
Post by David Seppi
Wenn, dann könnte man ihn als unzurechnungsfähig betrachten.
Ist dies nicht latent bei allen Totschlägern der Fall?


<snip>
Post by David Seppi
Natürlich, denn sonst wäre die Tat nicht vorsätzlich, und Totschlag kann nur
vorsätzlich begangen werden.
Und du gehts tatsächlich davon aus, daß der Schüttler das Kind töten _wollte_?


P.
Otto Adam
2006-10-21 13:03:14 UTC
Permalink
Post by Peter Renner
Nun, ein kreischendes Kind ist schon eine allgemein begreifliche Belastung.
Ich sehe das ganz deutlich in den Gesichtern der Leute wenn meine Tochter
(2 Jahre) mal brüllt und kreischt. Wobei liebevolles Mit-Ihr-Beschäftigen
sie ohnehin sehr schnell besänftigt.
Wenn ich mir dieses Hotel am Wolfgangsee in Erinnerung rufe, scheint es
einen allgemeinen Konsenz zu geben, daß Kinder der Erholung anderer
abträglich sein können. In der Therme Lutzmannburg dürfen Kinder in einen
Bereich nicht rein, auch nicht wenn man aufzuzahlen bereit wäre.
Und das finde ich auch gut so. Warum muessen andere Leute das Geschrei
(oder sonstige Emissionen) der eigenen Brut unbedingt ertragen?

Als Elternteil *muss* ich ja nicht unbedingt ueberall mit meinen
Gschrazen hin, finde ich.

Beim Rauchen hat es sich ja auch halbwegs durchgesetzt, dass andere
nicht unbedingt unter der eigenen Umweltbelastung leiden muessen.

mfg
otto, selber Vater

xpost & F'up ags, da hier OT
Ingmar Greil
2006-10-21 17:46:02 UTC
Permalink
Post by Peter Renner
Nun, ein kreischendes Kind ist schon eine allgemein begreifliche Belastung.
Ja, aber es geht um die allgemein begreifliche Gemütsbewegung.
Post by Peter Renner
Wenn ich mir dieses Hotel am Wolfgangsee in Erinnerung rufe, scheint es
einen allgemeinen Konsenz zu geben, daß Kinder der Erholung anderer
abträglich sein können.
Ja, klar.
Post by Peter Renner
In der Therme Lutzmannburg dürfen Kinder in einen
Bereich nicht rein, auch nicht wenn man aufzuzahlen bereit wäre.
Ja, das ist auch in Ordnung so. Das soll jeder handhaben, wie er will.
Das hat aber mit Toschlag nichts zu tun.
Post by Peter Renner
Und du gehts tatsächlich davon aus, daß der Schüttler das Kind töten _wollte_?
Nein, aber uU in Kauf genommen hat.

Ingmar
--
http://www.aktenvermerk.at
Ingmar Greil
2006-10-21 12:37:27 UTC
Permalink
Post by Peter Renner
Wobei der Schüttler vermutlich nicht töten wollte.
Es reicht, es billigend ("und wenn schon") in Kauf zu nehmen.
Post by Peter Renner
"Zum Töten hinreißen lassen" kann sich doch nur jemand der sich bewußt ist,
daß er nun jemanden tötet oder mit hoher Wahrscheinlichkeit töten wird..
Wie gesagt, es gibt mehrer Formen des Vorsatzes. Eventualvorsatz
reicht aus.

Ingmar
--
http://www.aktenvermerk.at
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