Post by Harald MuehlboeckPost by Ingmar Greil§ 75, Mord: Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn
bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu
bestrafen.
Quasi der Grundtatbestand.
§ 76, Toschlag: 76. Wer sich in einer allgemein begreiflichen
heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen zu töten,
ist mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
Alles klar?
Nein.
Einen anderen töten kann man im Affekt, aus Notwehr oder
unbeabsichtigt. So wie das in §75 steht, wäre das alles
Mord. Totschlag, Notwehr, etc. nur spezielle Formen des Mordes, die
geringer oder gar nicht bestraft werden. Das steht IMO im
Widerspruch
zum allgemeinen Sprachgebrauch. In den Gesetzestexten anderer
deutschspachiger Länder besteht dagegen eine klare Abgrenzung
zwischen
[Rest gekürzt]
Mord ist nach _österreichischem_ Strafrecht (siehe das "at" im Namen
der Newsgroup) sehr einfach und umfassend definiert. Anders
ausgedrückt: jede, von einem bedingten _Vorsatz_ umfasste Tötung eines
Menschen ist Mord. Fahrlässige - in den Worten von Harald Muehlboeck:
"unbeabsichtigte" - Tötung scheidet also aus. Es ist nun einmal so,
dass der allgemeine Sprachgebrauch oftmals anders und/oder unpräziser
ist als vom Gesetzgeber formulierte Tatbestände (man denke etwa daran,
wie lange es gebraucht hat, bis sich auch in die letzte
Hintertupfinger Redaktionssstube herumgesprochen hatte, dass die
Saliera keineswegs aus dem KHM "geraubt" worden ist).
Neben dem Grundtatbestand gibt es im Fall des Mordes keine
qualifizierten (= mit strengerer Strafe bedrohten) sondern nur
privilegierte (= mit geringerer Strafe bedrohte) Spezialtatbestände.
Dazu gehören: Totschlag (§ 76 StGB), Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB),
Tötung eines Kindes bei der Geburt (§ 79 StGB) sowie - nur mit
_Einschränkungen_, weil durch die moralische Frage nach dem Beginn des
rechtlich geschützten menschlichen Lebens kontroversiell - der
Schwangerschaftsabbruch (Die §§ 96ff StGB bilden nicht ohne Grund
einen eigenen Abschnitt im besonderen Teil des Gesetzbuches, sind also
formell keine strafbaren Handlungen "gegen Leib und Leben"). Eine
qualifizierte Form des Mordes (etwa: Mord aus Gewinnsucht oder mit
Heimtücke) gibt es nach österreichischem Strafrecht nicht. Solche
Motive können nur im Rahmen der Strafbemessung (§ 32 Abs 3 StGB)
berücksichtigt werden.
Einen gewissen Sonderfall stellt die Mitwirkung am Selbstmord (§ 78
StGB) dar, da dabei, abweichend vom System des StGB, ausdrücklich nur
speziell die Tatbegehungsformen der Bestimmung und der Beihilfe unter
Strafdrohung stehen, wobei es, da Selbstmörder sich nicht strafbar
machen, keinen unmittelbaren Täter gibt.
Dieses System hat sich bewährt und wird m.W. auch kaum in Frage
gestellt.
--
Michael Suda
A-1040 Wien
Oesterreich/Austria/Autriche