Discussion:
15 Jahre fuer Mordaufruf
(zu alt für eine Antwort)
Werner Tann
2021-09-11 07:24:56 UTC
Permalink
Nicht dass mir der Afghane jetzt leid täte, aber Recht muss Recht
bleiben. Da fasst also jemand 15 Jahre Haft aus für einen Mordaufruf
im Internet:
https://www.nachrichten.at/oberoesterreich/taliban-prozess-in-wels-15-jahre-haft-wegen-versuchter-mordanstiftung;art4,3456861

Wohlgemerkt: Weder er selbst noch ein angestifteter Täter setzten eine
eigentliche Tathandlung im Sinne eines Angriffs auf das bestimmte
Opfer.

Einschlägig scheinen mir § 75 STGB in Verbindung mit § 15 STGB.

Der § 75 sieht für Mord Gefängnis von 10 Jahren bis lebenslang vor.
Der § 15 regelt die Strafbarkeit des Versuchs (recht abstrakt
formuliert):
| (2) Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen
| oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 12), durch eine der Ausführung
|unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.
Letztere "Handlung" wäre in dem Fall wohl das Absetzen der
Internetnachricht.

Kommen weitere Paragraphen in Betracht, speziell für Mordaufrufe? Ich
meine, es muss doch unterschieden werden zwischen einer eigenhändigen
Tat bzw. dem Bezahlen eines Auftragskillers und einem (ins Blaue
hinein) getätigten Mordaufruf. Wenn nicht, ist einer besser beraten,
gleich selber hinzugehen und dem Missliebigen eine Kugel in den Kopf
zu jagen. Mit einem guten Anwalt bekommt der 10 Jahre, also weniger
als für die Anstiftung, und das Ziel ist am Ende sicher erreicht,
während der Mordaufruf eine recht niedrige Erfolgschance hat.
David Seppi
2021-09-11 19:26:09 UTC
Permalink
Post by Werner Tann
Nicht dass mir der Afghane jetzt leid täte, aber Recht muss Recht
bleiben. Da fasst also jemand 15 Jahre Haft aus für einen Mordaufruf
https://www.nachrichten.at/oberoesterreich/taliban-prozess-in-wels-15-jahre-haft-wegen-versuchter-mordanstiftung;art4,3456861
Wohlgemerkt: Weder er selbst noch ein angestifteter Täter setzten eine
eigentliche Tathandlung im Sinne eines Angriffs auf das bestimmte
Opfer.
Deswegen handelt es sich auch um versuchte Bestimmung zum Mord.
Post by Werner Tann
Einschlägig scheinen mir § 75 STGB in Verbindung mit § 15 STGB.
§ 12 2. Fall ist zusätzlich auch noch einschlägig.
Post by Werner Tann
Der § 75 sieht für Mord Gefängnis von 10 Jahren bis lebenslang vor.
Der § 15 regelt die Strafbarkeit des Versuchs (recht abstrakt
| (2) Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen
| oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 12), durch eine der Ausführung
|unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.
Letztere "Handlung" wäre in dem Fall wohl das Absetzen der
Internetnachricht.
Genau. Die Bestimmung (§ 12) wurde versucht. Sie hat nur nicht geklappt,
da niemand dem Aufruf gefolgt ist.
Post by Werner Tann
Kommen weitere Paragraphen in Betracht, speziell für Mordaufrufe?
Speziell für Mordaufrufe nicht, aber es gelten natürlich noch die
allgemeinen Bestimmungen über die Strafbemessung im vierten Abschnitt
des StGB. Laut § 34 Abs. 1 Z 13 wirkt sich beispielsweise mildernd aus,
daß es nur beim Versuch geblieben ist.
Deswegen kommen mir die 15 Jahre auch etwas viel vor, aber wir kennen ja
nicht die weiteren Umstände wie z.B. bereits vorhandene Vorstrafen.
--
David Seppi
1220 Wien
Werner Tann
2021-09-12 06:01:26 UTC
Permalink
Post by David Seppi
Speziell für Mordaufrufe nicht, aber es gelten natürlich noch die
allgemeinen Bestimmungen über die Strafbemessung im vierten Abschnitt
des StGB. Laut § 34 Abs. 1 Z 13 wirkt sich beispielsweise mildernd aus,
daß es nur beim Versuch geblieben ist.
Trotz Versuch und trotz Vorliegen von Milderungsgründen kann der
Richter aber keine Strafe unter dem gesetzlichen Mindestmaß verhängen,
richtig? Heißt, ein Mordversuch, egal wie die Umstände sind, wird mit
mindestens 10 Jahre bestraft? (Allenfalls könnte das Gericht der
Strategie der Verteidigung folgen, die Tathandlung in Totschlag
umzudeuten.)
Stefan Hirschmann
2021-09-12 07:43:52 UTC
Permalink
Post by Werner Tann
Post by David Seppi
Speziell für Mordaufrufe nicht, aber es gelten natürlich noch die
allgemeinen Bestimmungen über die Strafbemessung im vierten Abschnitt
des StGB. Laut § 34 Abs. 1 Z 13 wirkt sich beispielsweise mildernd aus,
daß es nur beim Versuch geblieben ist.
Einschlägig wäre noch § 282 StGB (Aufforderung zu mit Strafe bedrohten
Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen). Der sieht
aber nur 2 Jahre FS vor.
Post by Werner Tann
Trotz Versuch und trotz Vorliegen von Milderungsgründen kann der
Richter aber keine Strafe unter dem gesetzlichen Mindestmaß verhängen,
richtig? Heißt, ein Mordversuch, egal wie die Umstände sind, wird mit
mindestens 10 Jahre bestraft?
Doch § 41.StGB sieht da vor, dass die Strafe bis auf ein Jahr gesenkt
werden darf:
| § 41. (1) Überwiegen die Milderungsgründe die
| Erschwerungsgründe beträchtlich, und besteht begründete Aussicht,
| daß der Täter auch bei Verhängung einer das
| gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe
| keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, so
| kann erkannt werden: 1. wenn die Tat mit lebenslanger
| Freiheitsstrafe bedroht ist oder wenn sie mit Freiheitsstrafe
| von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger
| Freiheitsstrafe bedroht ist, auf Freiheitsstrafe nicht unter
| einem Jahr;

Hier würde ich als Verteidiger argumentieren, dass die typische
Bestimmung darin liegt, eine konkrete Person überreden zu probieren. Bei
einem allgemeinen Aufruf ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand
angesprochen fühlt, viel geringer. Es gibt schon einen Grund, warum beim
1. Hilfe Kurs gelehrt wird, dass immer auf jemand zeigen solltest, wenn
was willst. Also nicht "Kann jemand die Rettung rufen" sondern "Du da,
ruf die Rettung".
Der Staatsanwalt wird allerdings dagegen halten, dass es sich um einen
tauglichen Versuch handelte, da eine bestimmte Wahrscheinlichkeit, dass
es fkt vorlag.
Post by Werner Tann
Allenfalls könnte das Gericht der
Strategie der Verteidigung folgen, die Tathandlung in Totschlag
umzudeuten.)
Ja. Hier müsste eine allgemein verständliche Gemütserregung vorliegen
(der Gefühlszustand muss allg verständlich sein, nicht die Tat). In
einem Geschworenverfahren kann das in der Instanz
(Nichtigkeitsbeschwerde) so gut wie nie bekämpft werden. Im Gegensatz zu
den Milderungsgründen.


MfG Stefan
David Seppi
2021-09-12 08:10:24 UTC
Permalink
Post by Stefan Hirschmann
Einschlägig wäre noch § 282 StGB (Aufforderung zu mit Strafe bedrohten
Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen). Der sieht
aber nur 2 Jahre FS vor.
Dort steht ausdrücklich „wenn er nicht als an dieser Handlung
Beteiligter (§ 12) mit strengerer Strafe bedroht ist“. § 282 ist daher
nicht anzuwenden.
--
David Seppi
1220 Wien
Werner Tann
2021-09-12 08:42:54 UTC
Permalink
Post by Stefan Hirschmann
Doch § 41.StGB sieht da vor, dass die Strafe bis auf ein Jahr gesenkt
| § 41. (1) Überwiegen die Milderungsgründe die
| Erschwerungsgründe beträchtlich, und besteht begründete Aussicht,
| daß der Täter auch bei Verhängung einer das
| gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe
| keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, so
| kann erkannt werden: 1. wenn die Tat mit lebenslanger
| Freiheitsstrafe bedroht ist oder wenn sie mit Freiheitsstrafe
| von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger
| Freiheitsstrafe bedroht ist, auf Freiheitsstrafe nicht unter
| einem Jahr;
Das ist bemerkenswert. Klar, ich meine mich auch zu erinnern, von
Urteilen gelesen zu haben, die auf Mord erkannt haben und unter 10
Jahren geblieben sind.
Gerhard Eichberger
2021-09-22 17:31:15 UTC
Permalink
Gerhard Eichberger
Post by Werner Tann
Post by Stefan Hirschmann
Doch § 41.StGB sieht da vor, dass die Strafe bis auf ein Jahr gesenkt
| § 41. (1) Überwiegen die Milderungsgründe die
| Erschwerungsgründe beträchtlich, und besteht begründete Aussicht,
| daß der Täter auch bei Verhängung einer das
| gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe
| keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, so
| kann erkannt werden: 1. wenn die Tat mit lebenslanger
| Freiheitsstrafe bedroht ist oder wenn sie mit Freiheitsstrafe
| von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger
| Freiheitsstrafe bedroht ist, auf Freiheitsstrafe nicht unter
| einem Jahr;
Das ist bemerkenswert. Klar, ich meine mich auch zu erinnern, von
Urteilen gelesen zu haben, die auf Mord erkannt haben und unter 10
Jahren geblieben sind.
Wäre mir nur bei Jugendlichen bekannt, da gibt es ja geringere Strafen.


Gerhard

Loading...